29.04.2022 | |
Konzert Veranstaltungsort: Skaters Palace – Halle Einlass: 19:00 Beginn: 20:00 |
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Dunkle Streicher, bedrohliche Trommeln. So geht es los. Und wird erstmal nicht leichter. Denn dann singt MINE
mit dieser tollen Stimme, die alle Radiohits der Welt (und vor allem die deutschen) in mindestens genauso schön
singen könnte: „Ich bin 100 Jahre alt / Mein Kopf ist voll, die Füße kalt / Die ganze Welt hat sich auf meine Brust
gesetzt / Der Mensch ist so ein argloses Geschöpf.“ Es gibt sicher flockigere Wege, ein Album zu eröffnen. Aber
warum sollte man das tun – nach so einem beschissenen Jahr? Und warum nicht den Leuten erst einmal diesen
wuchtigen Songbrocken namens „Hinüber“ an den Kopf werfen, in dem übrigens die große Sophie Hunger als
Gast einen furiosen Auftritt hat? Durchatmen kann man ja später. Das Titelstück und der Rausschmeißer „Unfall“
bilden eine starke Klammer des im April erscheinenden Albums von MINE. Auch „Unfall“ ist direkt und
gesellschaftskritisch, ohne dabei belehrend zu sein. Vielmehr verbeißen sich MINEs Fragen im eigenen Denken:
„Was ist Freiheit? Wer beengt mich? Was ist Arbeit? Wer beschenkt mich? Wer hat stets genug für sich? Wer
starrt hungrig auf den Tisch?“ Im Gespräch sagt MINE: „2020 war natürlich wie gemacht dafür, ein wenig mehr
nachzudenken, weil man viel Zeit mit sich selbst verbringen musste. ‚Unfall‘ fasst sehr gut zusammen, wie ich
mich gefühlt habe.
Das Titelstück und der Rausschmeißer „Unfall“ bilden eine starke Klammer des im April erscheinenden Albums
von MINE. Mit „Unfall“ eröffnete sie auch die Kampagne dazu. Mal wieder mit einer außergewöhnlichen Idee, wie
man das von ihr so kennt. Auf der Website singMINEsong.de ließ sie ihren musikalischen Fans und befreundeten
Künstler*innen den Vortritt, teilte Noten und Text und lud alle ein, eigenen Versionen zu machen, bevor sie ihre
veröffentlicht. Auch „Unfall“ ist direkt und gesellschaftskritisch, ohne dabei belehrend zu sein. Vielmehr
verbeißen sich MINEs Fragen im eigenen Denken: „Was ist Freiheit? Wer beengt mich? Was ist Arbeit? Wer
beschenkt mich? Wer hat stets genug für sich? Wer starrt hungrig auf den Tisch?“ Die Musik dazu brodelt und
dröhnt, ist dann mal wieder ganz zärtlich, bäumt sich auf, fällt in sich zusammen, wirft einen durch den Raum.
Aber keine Bange: „Hinüber“ ist nicht die große Pandemie-Platte. Ein neues Album stand bei MINE eh an,
obwohl „Klebstoff“ noch gar nicht so lange her ist. Sie hätte eh ein Jahr ohne eigene Tour gehabt. Was zum Teil
daran lag, dass die Zeit davor sehr gut für sie lief. Dank „Klebstoff“ war sie beim Preis für Popkultur gleich in drei
Kategorien nominiert, 2016 hatte sie diesen bereits als „Beste Künstlerin“ gewonnen. Ihre Tour war komplett
ausverkauft, und – das unterschreiben wohl alle, die dort waren – eine durch und durch herzenswarme
Angelegenheit. Diese komische Jahr hatte allerdings trotzdem Einfluss auf ihre Arbeit: „Ich musste feststellen,
dass ich mehr Luft hatte, weil eben alle Live-Sachen weggefallen sind. Ich habe also vielleicht mehr Arbeitszeit in
dieses Album stecken können, als es normalerweise möglich gewesen wäre. Die Liebe zum Musikmachen und
auch die Euphorie waren deshalb noch ein wenig krasser als sonst. Wobei das auch daran liegt, dass ich zwar
immer schon viel selbst produziert habe, aber meine Skills von Album zu Album gewachsen sind. Es hat mir
einen Kick gegeben zu merken, dass ich inzwischen komplett autark arbeiten kann, wenn ich will. Deswegen bin
ich an diesen Liedern gefühlt so nah dran wie nie zuvor.“ Wie sonst auch, waren ihre Wegbegleiter Marcus Wüst
und Dennis Kopacz, die seit Album Nummer eins dabei, weiterhin an der Produktion beteiligt.
Als Gegenpol zu den politischen Stücken gibt es auf „Hinüber“ wieder diese ergreifenden, pointierte Lieder über
das Minenfeld der Emotionen und des Zusammenlebens. „Elefant“ ist da ein gutes Beispiel – und ein Highlight.
Hier singt MINE mal Kopfstimme, die Musik dazu ist fast funkig, als habe da jemand viel Prince gehört in letzter
Zeit. Textlich geht es natürlich, um den Elefant, der gerne mal im Raum steht. Eine tolle, allseits bekannte
Metapher, die endlich mal ihre eigene Hymne verdient hat. MINEs Augen strahlen, wenn sie darüber spricht:
„Den Track feiere ich voll. Den habe ich geschrieben und gleich gemerkt: Geil, der puncht. Die Idee kam mir, als
ich mal nachmittags cheesy Privatfernsehprogramm geschaut habe und da im Hintergrund so schlechte
Fahrstuhlmusik lief. Diese leichte Tänzeln fand ich faszinierend und wollte damit was machen.“
Man merkt schon jetzt, dass es weiterhin schwierig bleibt, bei MINE das „Klingt wie …“-Referenz-Karussell
anzuwerfen. Ihre Musik hat in der deutschen Pop-Landschaft einen Sonderstatus. Man hört ihren Songs an,
dass sie gerne mit dem angenehmen Teil des deutschen HipHops arbeitet, Leuten wie den Orsons, Edgar
Wasser, Dexter, Crack Ignaz, Großstadtgeflüster, Samy Deluxe und natürlich Fatoni. Gleichzeitig hat sie eine
Affinität zu Popsongs, die mit einfachen Worten mehr sagen wollen und eine ganz eigene Sprache sprechen –
etwas, dass Tristan Brusch und Haller, oder auch Sophie Hunger in ihren deutschsprachigen Stücken immer
wieder hinbekommen. All die hier genannten Namen haben übrigens tatsächlich schon mit Mine Songs
aufgenommen – was vielleicht die These nahelegt, dass die beste MINE-Referenz die Quersumme all ihrer stets
handverlesenen Gäste ist